Außenministerin Annalena Baerbock mit Helm, Maske und Schutzweste am 8. Februar im Osten der Ukraine.

Analyse Brüssel Russischer Angriff auf die Ukraine, Nato-Truppenverlegungen nach Osteuropa. Kampfjets in Alarmbereitschaft. Das lässt bei vielen im Westen das Gefühl wachsen, selbst von Krieg bedroht zu sein. Wie ist es darum bestellt?

Von Gregor Mayntz Chefkorrespondent

Auch in der Ukraine-Krise bleiben manche Twitter-Nutzer bei ihrer Meinung, dass auf einem Kurz-Nachrichtenkanal die Schlussfolgerungen ebenfalls kurz sein müssten. Kaum stellt die Nato fest, dass Russland nun so aufgestellt sei, dass ein Angriff auf die Ukraine bereits binnen weniger Tage erfolgen könne, schon lautet die Klage: „Wir sind nicht mal raus aus der Corona-Pandemie und schon steht uns der dritte Weltkrieg bevor?“ Konsequenterweise folgt der russischen Ankündigung von einer Rückverlegung eines Teiles der Truppen binnen weniger Minuten die Twitter-Feststellung: „Dritter Weltkrieg findet nicht statt.“ Nur Tage später wurde klar, dass der „Abzug“ Teil einer massiven russischen Propaganda war, die mit gezielten Falschinformationen die tatsächlich massiven Kriegsvorbereitungen und die Urheber der Aggression nur verschleiern sollte. Aber wie steht es nun um Krieg und Frieden in Europa, das Russland den seit Wochen vorbereiteten Angriff mit massiven Kräften begonnen hat?

Mit dem Marschbefehl für rund 200.000 russische Soldatinnen und Soldaten wächst die Furcht vo einem großen Krieg auch in den anderen Ländern Europas. Die diffuse Angst sogar vor einem Weltkrieg mit einem für alle sichtbar nicht mehr friedlichen Europa im Mittelpunkt hat ganz offensichtlich auch mit zwei neuen Umständen zu tun. Da ist zum einen die Erfahrung, dass die alte Gewissheit, wonach Ereignisse in der Ferne nahezu immer ohne gravierende Folgen für das eigene Leben bleiben, nicht mehr besteht. Die Frage von Anfang 2020, ob dieses ominöse Virus in einer Stadt namens Wuhan vielleicht irgendwann mal ein paar Touristen auch aus Europa betreffen könnte, verwandelte sich in die Erfahrung von Ausgangssperren, geschlossenen Discos, Kneipen und Schwimmbädern für jeden Einzelnen in jeder Stadt, in jedem Dorf. Die Lehre: Was weit weg zu sein scheint, kann im nächsten Augenblick mein eigenes Leben bedrohen.

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