Säuglingsmilchpulver ist in den USA kaum mehr erhältlich. Europäische Hersteller liefern jetzt per Luftfracht.

Dienstag, 17.05.2022, 22:26 Uhr


Bei Facebook teilen (externer Link, Popup)Bei Twitter teilen (externer Link, Popup)Mit Whatsapp teilen

Dieser Artikel wurde 15-mal geteilt.

In den USA besteht ein dramatischer Engpass bei Säuglingsnahrung. Grund ist der Ausfall einer Produktionsstätte des Pharmakonzerns Abbott Laboratories in Sturgis, Michigan. Abbott ist der grösste Hersteller von Säuglingsnahrung in den USA.

Mehrere Produkte mussten Anfang Jahr zurückgerufen werden. Möglicherweise sind Säuglinge erkrankt und zwei gestorben, weil bakterielle Verunreinigungen in der Babynahrung aufgetreten sind. Die Produktion in Michigan wurde komplett gestoppt.

«Als wir losfuhren, war schon alles weg»

Derzeit sind die Regale für Babynahrung in vielen Teilen der USA leer, weil Abbott Laboratories alle Produkte zurückgerufen hatte. Am Montag teilte das Unternehmen mit, die Produktion in Michigan wieder aufzunehmen.

Verzweifelte Eltern versuchen, sich die verbleibenden Dosen zu sichern. So auch Jennifer Kersey, Mutter des sieben Monate alten Blake Kersey Junior: «Ich realisiert plötzlich, dass es einen Mangel gibt an Muttermilchersatz. Als wir losfuhren, war schon alles weg.»

Leere Verkaufsregale

So geht es derzeit unzähligen Eltern in den USA und sie stehen in den Läden vor leeren Regalen. Besonders betroffen vom Mangel ist der Bundesstaat Texas. Eltern fahren stundenlang mit dem Auto herum, um an Babynahrung zu kommen.

Die Knappheit bei Säuglingsnahrung treffe besonders Frauen mit einfachen Jobs, sagt USA-Korrespondentin Viviane Manz. «Sie haben oft keine Möglichkeit, nach der Geburt zu Hause zu bleiben oder bei der Arbeit zu stillen oder Muttermilch abzupumpen.» In den USA gibt es auch keinen garantierten Mutterschaftsurlaub. Gerade für solche Familien sei die Suche nach Säuglingsnahrung eine grosse Belastung, so Manz.

Unvorstellbar in den USA

Nahrungsknappheit bei Babys in einem der reichsten Länder der Welt – das Thema ist hochemotional. In den USA stellen viele schon Vergleiche an mit den Zuständen in den ärmsten Ländern dieser Welt. Viele Politikerinnen und Politiker wollen nun die Regierung in die Pflicht nehmen.

So auch Elise Marie Stefanik (Republikanische Partei), die für den Bundesstaat New York im US-Repräsentantenhaus sitzt. «Ich habe bereits im Februar Massnahmen zur Bekämpfung der Babynahrungs-Krise gefordert. Die Regierung Biden hat es versäumt, einen Plan zu erstellen», schreibt sie auf Twitter.

Man müsse sich das mal vorstellen, dass Babys und Kinder hungrig ins Bett gebracht werden müssten, während Eltern verzweifelt versuchten, Nahrung zu finden, die schwer zu beschaffen ist. «Wir sind hier nicht in einem Dritte-Welt-Land. Dies sollte in den Vereinigten Staaten von Amerika niemals geschehen», sagt Stefanik.

Importe aus Europa – per Flugzeug

Zur Verringerung der Lieferengpässe hat die US-Arzneimittelbehörde FDA am Montag angekündigt, die Regeln für die Einfuhr von Produkten flexibler zu gestalten. Wegen des Mangels an Babymilchpulver hatte sich auch US-Präsident Joe Biden eingeschaltet.

Und nun sind auch die führenden europäischen Hersteller Nestlé (Schweiz) und Reckitt Benckiser (Grossbritannien) auf den Plan gerückt. Die beiden Konzerne haben mitgeteilt, mehr Babynahrung in die USA zu exportieren. Nestlé lässt derzeit Babynahrung aus den Niederlanden und der Schweiz mit Luftfracht in die USA transportieren.

In Grossbritannien hat Reckitt Benckiser die Produktion von Babynahrung um etwa 30 Prozent hochgefahren und seine Lieferungen aufgestockt, hiess es auf Anfrage der Agentur Reuters. Das Unternehmen deckt inzwischen mehr als 50 Prozent des gesamten Angebots an Babynahrung in den USA ab. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert