Russen fliehen in Scharen von der Krim – und glauben kaum, dass Krieg ist

Ein am Dienstag verübter Angriff auf einen russischen Luftwaffenstützpunkt auf der Krim schreckt offenbar auch Russen auf der Halbinsel auf. Ein Video zeigt eine weinende Frau, die entsetzt ist, dass sie ihre Reise abbrechen muss. Die Flucht der Urlauber und Urlauberinnen führt offenbar zu kilometer­langen Staus.

10.08.2022, 17:01 Uhr

Nach dem Angriff am Dienstag auf einen Luftwaffen­stützpunkt nördlich von Sewastopol auf der von Russland besetzten Krim fliehen Russen und Russinnen offenbar in Scharen von der bei russischen Touristen beliebten Halbinsel.

Ein Video, das unter anderem von Anton Geraschtschenko, Berater des ukrainischen Innenministers, geteilt wurde, zeigt eine Frau, die wegen des abrupten Endes ihres Urlaubs in Tränen ausbricht. „Ich will die Krim nicht verlassen“, sagt sie. Es sei so schön auf der Halbinsel. „Wir hatten uns bereits daran gewöhnt, hier zu leben. Es fühlt sich wie zu Hause an“, spricht die weinende Frau in die Kamera. Zudem zeigt das Video einen offenbar kilometerlangen Stau.

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Dazu schreibt Geraschtschenko: „100 Kilometer Stau – die Menschen wollen die Krim verlassen.“ Angesichts der Szene mit der weinenden Russin fragt der Ministerberater außerdem seine Follower auf Twitter: „Glauben Sie, dass die Russen endlich beginnen werden zu verstehen, dass es wirklich ein Krieg ist?“

Russische Behörden rufen Notstand aus

Nach den Explosionen auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim haben die Behörden den Notstand in dem Landkreis ausgerufen. Der Verwaltungschef der Krim, Sergej Aksjonow, sagte am Mittwoch der russischen Nachrichten­agentur Interfax zufolge, dass mindestens 252 Bewohner und Bewohnerinnen des benachbarten Kurorts Nowo­fjodorowka in Notunterkünfte umgesiedelt würden. Die Gasversorgung zweier Ortschaften wurde demnach vorübergehend eingestellt. Bei den Explosionen am Dienstag ist nach offiziellen Angaben mindestens ein Mensch ums Leben gekommen, 14 Menschen wurden demnach verletzt.

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Das russische Verteidigungs­ministerium nennt bisher einen Verstoß gegen die Brandschutzregeln als wahrscheinlichste Ursache des Vorfalls. Experten vermuten, dass diese Version aus Imagegründen präsentiert wird. Moskau wolle seine Verletzlichkeit durch ukrainische Waffensysteme nicht eingestehen, hieß es. Zahl und Wucht der Explosionen legten dagegen einen gezielten Angriff der Ukraine nahe. Es wäre die erste militärische Attacke auf Ziele auf der Schwarzmeer­halbinsel, die Russland 2014 annektiert hatte.

Russlands „grüne Männchen“ auf der Krim

Damals hatten nach wochenlangen EU-freundlichen Protesten auf dem Kiewer Maidan-Platz von Russland geschickte Spezialeinheiten ohne Rang- und Hoheitsabzeichen auf ihren Uniformen strategisch wichtige Punkte der Halbinsel besetzt. Diese sogenannten „grünen Männchen“ besetzten auch das Regional­parlament, das kurz darauf einen neuen, russland­freundlichen Regierungschef wählte. Dieser ließ schon am 16. März auf der Krim ein international nicht anerkanntes Referendum über den Anschluss an Russland abhalten. Seit dem 21. März 2014 betrachtet Moskau die Krim offiziell als Teil des russischen Staatsgebietes.

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Infolgedessen setzte der Kreml auf eine Politik des Bevölkerungs­austauschs auf der Halbinsel. Die ukrainische Bevölkerung und die Minderheit der Krimtataren sahen sich zunehmend Repressionen ausgesetzt. Experten des Schwarzmeer­instituts für strategische Studien (BSN) gingen im vergangenen Jahr von bis zu 180.000 Ukrainern und Ukrainerinnen aus, die die Krim nach der russischen Annexion verlassen haben. Zudem soll Russland gut eine Million Menschen insbesondere aus Sibirien, dem Kaukasus und den nördlichen Regionen auf der Halbinsel angesiedelt haben.

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